04/02/2025 0 Kommentare
„Oida!“ – Warum Wiener Dialekt und biblisches Griechisch viel gemeinsam haben
„Oida!“ – Warum Wiener Dialekt und biblisches Griechisch viel gemeinsam haben
# PredigtResearch

„Oida!“ – Warum Wiener Dialekt und biblisches Griechisch viel gemeinsam haben
Es gibt sprachliche Zufälle, die sind zu gut, um bloß Zufälle zu sein. Einer davon: das griechische οἶδα (oida) und das Wiener „oida!“. Zwei Worte, ein Klang, eine Verbindung. Und wenn man ein bisschen genauer hinschaut, steckt darin eine ganze Theologie.
οἶδα – das göttliche Wissen
Das griechische οἶδα bedeutet „ich weiß“. Aber nicht in dem Sinne, dass jemand brav Vokabeln gepaukt oder die Bibel auswendig gelernt hat. Es ist kein „Ich hab das mal gehört“, sondern dieses tiefe, unumstößliche Wissen. Eines, das nicht erst mühsam erarbeitet wird, sondern einfach da ist. So, als hätte es sich direkt ins Herz gebrannt.
Jesus benutzt dieses Wort, wenn er sagt: „Euer Vater weiß (οἶδεν), was ihr braucht, bevor ihr ihn bittet.“ (Mt 6,8). Der blind Geborene sagt: „Eines weiß ich (οἶδα): Ich war blind und jetzt kann ich sehen.“ (Joh 9,25). Und Paulus schreibt: „Wir wissen (οἴδαμεν), dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten dient.“ (Röm 8,28). Das ist nicht bloß Wissen – das ist Gewissheit. Ein inneres „Es ist so“.
Und dann kommt der Wiener daher und sagt: „Oida!“
Jetzt zur Wiener Variante. Hier bedeutet „Oida!“ eigentlich auch „Ich weiß“. Aber mit einer ganz anderen Haltung. Ein „Oida!“ kann alles sein: pure Verzweiflung, resigniertes Seufzen, genervtes „Eh klar!“ oder ein trockenes „Bitte, sag nichts mehr“. Während οἶδα das tiefe Wissen ist, das Sicherheit gibt, ist das Wiener „oida!“ das Wissen, das vom Leben gezeichnet ist. Das „Ich weiß eh, aber es hilft mir grad nix.“ Oder das „Ich hab’s kapiert, aber trotzdem nervt’s mich.“
Glaube liegt irgendwo zwischen οἶδα und „oida!“
Denn mal ehrlich: Es gibt Momente, da fühlt sich mein Glaube tief und fest an. Ich weiß einfach: Gott ist da, Gott trägt mich. Und dann gibt’s diese anderen Momente. Die, in denen ich wie die Jünger im Sturm sitze und mich an den letzten festen Planken meines Lebens festklammere. Die, in denen ich eher: „Oida, was geht ab?!“, schreien würde als: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Aber dann gibt es noch eine andere Art von „Oida!“ – eine, die dem biblischen οἶδα erstaunlich nahekommt. Das „Oida!“, das nach einem perfekten Moment über die Lippen kommt. Das tiefe Durchatmen, wenn man am Gipfel eines Berges steht und den Blick über die Landschaft schweifen lässt. Das „Oida!“, wenn man nach einem langen Kampf endlich eine Entscheidung getroffen hat und merkt: Es passt. Das „Oida!“, wenn man sich auf einer Welle treiben lässt – nicht, weil man die Kontrolle hat, sondern weil man dem Wasser vertraut. Genau so kann auch Glaube sein. Nicht immer mit voller Kraft gegen den Sturm, sondern manchmal auch einfach sich tragen lassen.
Jesus: „Nimm dein Surfbrett!“
Jesus steigt nicht aus dem Boot, wenn’s wackelt. Er haut nicht beleidigt ab, wenn Thomas zweifelt. Er wartet. Und dann stellt er die eine Frage, die wir alle irgendwann hören: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Nicht als Vorwurf, sondern als Einladung. Willst du dich weiter am Steuer verkrampfen und alles kontrollieren – oder wagst du es, Wellenreiter zu werden? Wellenreiter im Sinne von: Ich frage mich nicht mehr, warum die Wellen in meinem Leben so hoch sind. Ich spüre mehr, dass Gott mich ermutigt, mir das Surfbrett zeigt und sagt: „Spring auf und surf, Oida!“
Vielleicht ist das ja genau der Punkt. Glaube ist nicht nur ein stilles Wissen, das für immer feststeht. Manchmal ist er ein „Ich weiß, aber ich fühl’s grad nicht.“ Manchmal ist er ein „Oida, was soll ich damit jetzt anfangen?!“ Und manchmal ist er ein glückliches „Oida!“, das einfach weiß: Es wird gut. Und das Beste daran? Jesus hält alles aus. Denn vielleicht kommt nach dem „Oida!“ irgendwann wieder ein οἶδα – dieses ruhige, tiefe Wissen: Ich bin nicht allein.
Links:
- YouTube Video: HOW TO SPEAK VIENNESE USING ONLY ONE WORD. Video Tutorial
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